Gemeinsam mehr Social Entrepreneurship
Gemeinsam mehr Social Entrepreneurship

Die 5 Koalitionsthemen...

...und der Beitrag von Social Innovation & Social Entrepreneurship

Zur Strukturierung der aktuellen Koalitionsverhandlungen wurden von 5 Themenkreise identifiziert, über die gemeinsame Inhalte definiert werden sollen.

1. Klimakrise
2. Wirtschaftsabschwung 3. Migration
4. Bildung
5. Transparenz

Nachfolgend soll aufgezeigt werden, welchen Beitrag gesellschaftliche Innovationen und Social Entrepreneurship zur Lösung dieser Herausforderungen leisten können.

Thema 1: Wirtschaftsabschwung

  • Social Entrepreneurship ist ein wachsender Sektor:  Nach Schätzung gibt es 1.800-2.600 Social Enterprises in Österreich, deren Zahl ständig zunimmt. Laut Schätzungen der Europäischen Kommission ist bereits jede vierte Neugründung ein Social Startup . Es handelt sich also um einen Sektor mit anhaltend starkem Wachstum andere Sektoren.
  • Social Enterprises sind Jobmotoren: Schätzungen zeigen, dass sie ein hoher Jobmultiplikator sind. Zudem gibt es eine hohe Folgenachfrage auch im Vergleich mit Jobs in Social Enterprises bleiben in Österreich: Arbeitsplätze in Social Enterprises liegen häufig im Bereich sozialer, lokaler Dienstleistungen am Menschen. Sie sind daher tendenziell „nicht-exportierbare Jobs“.
  • Social Entrepreneurs helfen bei der Arbeitsmarktreintegration: Viele Social Enterprises arbeiten im Bereich (Weiter-)Bildung, Arbeitsmarkt, Transferarbeitsmarkt und bieten neuartige Lösungen, um Folgeschäden des Abschwungs am Arbeitsmarkt abzufedern.

Themen 2-5: Klimakrise, Migration, Bildung und Transparenz

  • Social Enterprises sind Innovationslabore für Klima, Migration, Bildung und Transparenz: Namhafte nicht-staatliche Innovationen der letzten Jahre sind als Social Enterprises und durch die Unterstützung des entstehenden Ökosystems entstanden, z.B. Teach for Austria (Bildung), talentify (digitale Bildung), Austrian Coding School (Migration), Magdas Hotel (Migration), Shades Tours & MyAbiliy (Transparenz und Inklusion), Dossier (Transparenz), Micromacro (Klimakrise) oder Cleanvest (Klimakrise, Transparenz). Unter den häufigsten Wirkungszielen von Social Entrepreneurs (Vandor et al. 2015) liegen:

    • Bildung (48%)

    • soziale Dienstleistungen und Migration (33%)

    • Umwelt (30%) sowie

    • Politik und Demokratie (15%).

  • Die Umsetzung erfolgt häufig gemeinsam mit Staat und Markt: Sozialunternehmertum entwickeln und testen innovative Lösungen für gesellschaftliche Themen mit Unterstützung des Ökosystems. Häufig werden die Lösungen später gemeinsam mit öffentlichen Einrichtungen oder Marktakteuren skaliert beispielweise als neue Arbeitsmarktmaßnahmen des AMS und Partnern aus der Wirtschaft (Austrian Coding School), zu Pilotierung neuer Bildungskooperationen über die Innovationsstiftung für Bildung oder über rein privatwirtschaftliche Nachfrage (Magdas Hotel).

  • Social Entrepreneurs reagieren schnell auf gesellschaftliche Problemlagen Bei Herausforderungen der letzten Jahre (Migration, Klimakrise) stieg bereits nach wenigen Wochen die Zahl von Gründungen und Ökosystemaktivitäten (aktuell u.a. Climate Hackaton, usw.)

Zentrale Herausforderungen

  • Das Potential wird nicht gehoben: In Österreich sind die Rahmenbedingungen speziell für Social Entrepreneurs noch ausbaufähig, Österreich international kein Vorbild (Reuters Ranking „The Best Countries To Be a Social Entrepreneur, 2016: Platz 38 aus 44 OECD Ländern).

  • Veralteter Innovationsbegriff: Die österreichische Innovationspolitik ist gegenwärtig von einem technologisch geprägten Innovationsbegriff dominiert. Ein zeitgemäßer Innovationsbegriff geht darüber hinaus und inkludiert auch Dienstleistungsinnovationen, Innovationen in der Kreativwirtschaft sowie gesellschaftliche Innovationen.

  • Fehlende Finanzierung: Öffentliche Finanzierungsangebote wurden nach Pilotdurchgängen eingestellt oder haben keine gesicherte Finanzierung für die Zukunft. Private gemeinnützige Finanzierung weitgehend inexistent; Ausschüttungen von gemeinnützigen Stiftungen sind in Deutschland und der Schweiz um das 50-Fache (sic! https://epub.wu.ac.at/4059/) höher. Projekte wie Organic Tools, Shades Tours, Compuritas oder Sindbad erfolgreich adressieren dank öffentlicher Startfinanzierung innovativ gesellschaftliche Herausforderungen. Drei evaluierte Pilotprogramme mit 7,5M€ Fördervolumen und 90 geförderten Projekten bestätigen das aufgezeigte Potential und zeigen weiteren Bedarf auf.

  • Fehlende Ansprechpartner in öffentlicher Verwaltung: Es gibt keine klaren Anlaufstellen für Sektorvertreter*innen und Social Enterprises, kein System, um Innovationstransfer und Kollaboration zu ermöglichen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es sich bei Social Entrepreneurship um eine Querschnittsmaterie handelt, die mehrere Ministerien betrifft.

Geforderte Lösungen

 
  • Breiteres, moderneres Innovationsverständnis: Es bedarf eines Innovationsbegriffes, der auch nicht-technologische Innovationen (gesellschaftliche Innovationen, Dienstleistungsinnovationen, Innovationen in der Kreativwirtschaft, etc.) umfasst verbunden mit entsprechenden Rahmenbedingungen und Unterstützungsstrukturen.
  • Entwicklung einer Nationalen Strategie für Gesellschaftliche Innovation und Social Entrepreneurship: Vielversprechende Beispiele gibt es dazu bereits in Irland, Schweden und Kroatien
  • Nennung von Ansprechpartnern und Prozessen für gesellschaftliche Innovation: Zur ressortübergreifenden Koordinierung sollte eine eigene Stelle, z.B. in Form eines eigenen Staatssekretariats im BMDW, etabliert werden.

  • Fixierte öffentliche Mittel für Social Entrepreneurship und Social Innovation: Gesellschaftliche Innovationen müssen aufbauend auf den Erfahrungen bisheriger Pilotprogramme von der Inkubation bis zur Wachstumsphase mit langfristig aus den Regelbudgets der Ministerien dotierten Förderungsprogrammen unterstützt werden. Es wird vorgeschlagen in allen Ressortbudgets einen fixen Prozentsatz der Mittel in für die innovative Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen zu widmen (analog zum SBIR Programm in den USA).

  • Implementierung einer nachhaltigen öffentlichen Finanzierungsstruktur:

    Programmatik: Förderung von Gesellschaftlichen Innovationen von der Ideenphase bis zum ersten Wachstum durch Finanzierung von Projekten in bestehenden Organisationen, Unternehmensgründungen sowie für Kooperationen:

    1) Inkubation,
    2) Pilot- &
    3) Wachstumsphase

    Laufzeit: 2020 – 2025

    Finanzierungsbedarf: 9M€ - 45M€ p.a. (inkl. Capacity Building und Abwicklung), Geförderte Projekte: 300 (Inkubation: 150, Pilot: 100, Wachstum: 50)

  • Schaffung eines ökosozialen Innovationsfonds: Analog zu Deutschland und der Schweiz könnte ein solcher Fonds aus nachrichtenlosen Assets (Siehe aktuelle Diskussion in Deutschland) gespeist werden (siehe auch aktuelle Diskussion in Deutschland, dort beträgt das Finanzierungspotential rund 9 Mrd. EUR). Die Mittel könnten zur Förderung von Social Enterprises in der Frühphase sowie zur gezielten Innovationsförderung in den fünf Schwerpunktbereichen genutzt werden.

  • Inkubations- und Accelerationsprogramme im Bereich gesellschaftlicher Innovation und Social Entrepreneurship mit Fokus auf betriebswirtschaftlich nachhaltige und skalierbare Geschäftsmodelle, um damit die wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen für nachfolgende Impact Investments bzw. private Folgefinanzierung zu ermöglichen.

  • Social Impact Bonds: Als wichtige multisektorale Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und privaten Vorfinanzierern bzw. Impact Investor*innen sollten diese fortgeführt und ausgeweitet werden.

  • Mainstreaming von gesellschaftliche Innovation in zentralen politischen Bereichen: Es sollten politische Programme und Strategien auf ihre Berücksichtigung von gesellschaftlicher Innovation und Social Entrepreneurship geprüft werden (z.B. Regionalentwicklungsstrategien wie LEADER). Aufbauend darauf können dann auch Mitarbeiter*innen Weiterbildungen in Richtung gesellschaftlicher Innovation und Social Entrepreneurship erhalten, um diese umfassender in deren tägliche Arbeit zu integrieren.

  • Verbesserung der privaten Finanzierungssituation:

    • Prüfung und Einrichtung von „Regulatory Sandboxes“ im Bereich von Impact Investing. Prüfung und allenfalls regulatorische Erleichterungen für Impact Investments in Bezug auf Prospektpflicht, (Privat-)Platzierung und weiterer Fragestellungen (analog zu den Regulatory Sandboxes im Fintech Bereich)

    • Entwicklung von Garantie-Programmen für die Vergabe von Bankdarlehen an Sozialunternehmen für Österreich (vgl. EU-Programms für Beschäftigung und soziale Innovation (EaSI) bzw. des European Investment Funds.) sowie für den Aufbau von (nationalen) Impact Fonds.

    • Die Unmittelbarkeit in ihrer aktuellen Form wirkt sich sehr nachteilig auf die Möglichkeit von Stiftungen aus, Social Entrepreneurs zu unterstützen, und sollte daher überarbeitet werden.

    • Prüfung und Erweiterung der steuerlichen Begünstigung gemeinnütziger Aktivitäten von Stiftungen: Ziel sollte es sein, damit auch risikoreiche frühphasige soziale Innovationen zu (be-)fördern („Stiftungen als Soziale Risikokapitalgeber“).

 

This article was updated on 29 Nov 2019